Seit 2017 beschäftigen wir uns in der Arbeitsgruppe „Naturschutz“ am Fachbereich Biologie der Philipps-Universität Marburg intensiv mit der Ökologie und dem Schutz des Rotmilans. Ein wesentliches Kernelement ist des Projektes sind dabei die Arbeiten um die Promotion von MSc. Theresa Spatz. Diese Woche hat Theresa im Rahmen ihres Stipendiums der DBU (https://www.dbu.de) ihre Dissertation im Rahmen eines spannenden Vortrags am Fachbereich vorgestellt und gegen die Fragen der Kommission erfolgreich verteidigt.
Theresa hat sich in ihrer Arbeit intensiv mit der Bewegungsökologie der „Rotmilane in Hessen“ auseinander gesetzt. Der Titel ihrer kumulativ verfassten Dissertation: „What drives you? – Space and habitat use of Red Kites across different temporal and spatial scales“.
Für Theresa ist damit dieses akademische Kapitel zwar geschlossen, aber das Team freut sich gemeinsam mit ihr auf weitere Jahre intensiver Feld- und Forschungsarbeiten zum Thema. Denn: Die Rotmilane fliegen weiter, nutzen die Landschaft auf ihre Weise und müssen dabei mit den menschlichen Einflussgrößen umgehen. Entsprechende Manuskripte sind in Vorbereitung, weitere Abschlussarbeiten derzeit in Bearbeitungen und der Datenschatz zur Bewegungsökologie wächst weiter… wir bleiben dran!
Arbeitsgruppenleiterin Nina Farwig (re.) und Dana Schabo (li.) ziehen Theresa (im Horst) nach der erfolgreichen Verteidigung im mobilen „Rotmilan-Horst“ über den Campus des Fachbereichs auf den Lahnbergen. Fotos: S. Rösner
Die Rotmilane Nord- und Mitteleuropas sind in der Regel Zugvögel. Die Brutvögel weichen für die Wintermonate nach Süden (Schweiz / Italien) oder nach Südwest (Spanien / Portugal) aus. In den vergangenen Jahren werden auch in Mitteleuropa häufiger überwinternde Tiere gesichtet. Die planmäßigen Wintererfassungen in der Schweiz (Aebischer et al.) berichten von mehreren Tausenden Tieren. Um Europa-weit einem besseren Überblick über die Winterverbreitungen der Rotmilane zu erhalten und etwaige Trends ablesen zu können, findet am Wochenende 08.-10. Januar 2022 wieder eine synchronisierte Zählen an den gemeinschaftlichen Schlafplätzen der Milane statt.
Für Hintergrundinformationen sowie regionale AnsprechpartnerInnen finden sich beim Dachverband Deutscher Avifaunisten: www.dda-web.de Wer in den kommenden Tagen also Rotmilane (am Schlafplatz) beobachten kann, bitte hier melden: www.ornitho.de
Weitere Informationen zu den Zählungen finden sich hier:
Mit Spannung haben wir im ausgehenden Winterhalbjahr 2020/2021 die Rückkehr der hessischen Brutvögel beobachtet und dank der digitalen Technik detailliert verfolgen können. Verluste auf dem Weg- und Heimzug gab es in diesem Jahr glücklicherweise keine. Inzwischen ist die neue Brutsaison in vollem Gange.
Auch die Zukunftsträger:innen, die noch nicht geschlechtsreifen Jungvögel aus den letzten Jahren haben ihre Winter-Einstandsgebiete weitestgehend verlassen und vagabundieren in Europa umher. Die Mortalität unter den Jungtieren ist im ersten Lebensjahr, im direkten Vergleich zu subadulten oder adulten Milanen erhöht. Über die vergangenen vier Jahrzehnte hat auch innerhalb der Jungtiere die Überlebensrate deutlich abgenommen (Katzenberger et. al. 2019), sodass für den langfristigen Erhalt der lokalen Populationen ein guter Bruterfolg sehr bedeutsam ist. Nicht zu unterschätzen ist dafür der Schutz erfahrener Altvögel, die langfristig gute Habitate und Brutbäume quasi „traditionell“ besetzen und so über ihre Bruterfolge die Population mittelfristig zu stützen.
Der Habitatqualität der Brutreviere, die ja bis in den Herbst besetzt bleiben und intensiv – auch in Horstnähe – von den Adulten genutzt werden, kommt dabei in Form von beispielsweise Nahrungsverfügbarkeit und „Sicherheit gegenüber potentiellen Bedrohungen“ eine zentrale Bedeutung zu (Spatz et al. 2019). Zum Erhalt der Art sind die Brutreviere schutz- und entwicklungsbedürftig.
Unser Team ist nun auch wieder in den Wäldern der hessischen Naturräumen unterwegs, um alte Bekannte zu besuchen, den Zustand der Brutplätze zu dokumentieren oder den Fortgang der Bruten zu kontrollieren. Die ersten weißen Flaumköpfe der Dunenjungen wurden bereits gesichtet. Der neue Nachwuchs wächst also heran und kann jetzt dank steigender Temperaturen hoffentlich gut mit Nahrung versorgt werden.
Dank der breiten Erfahrungen im Team konnten wir in den letzten Tagen noch zahlreiche neue Brutpaare in Hessen ausfindig machen und in die Projektdatenbank integrieren. Dabei hat ein vorsichtiger Umgang an und mit den Brutplätzen die höchste Priorität. Die Kronendächer in Hessen schließen sich mit den steigenden Temperaturen nach den Regentagen nun langsam. Das weitere Brutgeschehen wir dann eher im Verborgenen stattfinden.
Einige unserer Studienvögel können wir nun bereits im fünften Jahr durch die die Brutsaison begleiten. Wir hoffen, dass sie auch in diesem Jahr einen Beitrag zum Populationserhalt leisten können.
Die Beobachtungsmeldungen auf ornitho.de zu Rotmilanen nehmen die letzten Tage deutlich zu. Während die eher spärlichen Beobachtungen aus dem Januar und Anfang des Monats sicher überwinternde Exemplare betrifft, sind nunmehr sicher Heimkehrende aus den Überwinterungsgebieten in Frankreich, Spanien und Portugal dabei. Die Vögel, die wir im Rahmen unseres Projektes betreuen, sind seit etwa 10 Tagen auf dem Heimweg einige Jungvögel lassen sich nicht Zeit. Die adulten Tiere hingegen sind schon über die Pyrenäen zu uns unterwegs. Morgen oder übermorgen werden viele in ihren hessischen Brutrevieren erscheinen. Mit beistehender Karte zeigen wir den Zugweg auf, der doch im Großteil für alle Tiere aus Hessen sehr ähnlich verläuft.
Nahezu täglich kontrollieren wir die Positionsdaten, Beschleunigungachsen, und Akkustände der Sender unserer markierten hessischen Rotmilane. In angefügtem Bild sehen wir, dass sich fast alle Tiere (unterschieden durch Farbgebung) noch fest in ihren Winter-Einstandsgebieten aufhalten. Zwei Tiere haben sich in den vergangenen Tagen bewegt. Die südlichere Flugrute zeigt ein Tier, das sich kurz vor dem Jahreswechsel noch mal aus Frankreich nach Spanien aufgemacht hat. Die nördliche Route hat vor drei Tagen ein Männchen aus Südhessen (Piotrek) eingeschlagen. Wir vermuten, dass sich hier schon erste Anzeichen eines Heimzugs zeigen. Wir dürfen aber gespannt sein, wann bei den doch recht milden Wintertemperaturen sich die Tiere auf den Heimweg machen. Wir wünschen einen guten Flug!
AG Naturschutz
Philipps-Universität Marburg
Prof. Dr. Nina Farwig
Fachbereich Biologie
Karl-von-Frisch-Str.8 35043 Marburg
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